Jahrhunderthalle Bochum

Jahrhunderthalle Bochum

Eine Reise in die Ruhrkultur

Industriedenkmal und kultureller Schauplatz. Wirtschaftswunder und Kunstzauber. Die Jahrhunderthalle Bochum ist ein Ort, wie er kontrastreicher kaum sein könnte. Als Symbol für das neue Kulturverständnis des Ruhrgebiets hat der ehemalige Veranstaltungsort der Industrie- und Gewerbeausstellung viele Gesichter. Mit seinem Standort inmitten des Bochumer Westparks war das Gebäude einst der Industrie gewidmet. Auf dem nährstoffreichen Boden der Industrie ist heute allerdings ein Naherholungsgebiet gewachsen, das als Sinnbild für den Strukturwandel im Ruhrgebiet verstanden wird und fast schon sakrales Flair entwickelt hat. Ein bewegender Ort mit bewegter Geschichte, das ist die Jahrhunderthalle. Eine Sehenswürdigkeit, die des Sehens würdiger nicht sein könnte. Besucher reisen hier durch die Zeiten. Sie reisen durch künstlerische und kulturelle Entwicklungen und nicht zuletzt begeben sie sich auf eine aufregende Entdeckungsreise durch die Kontraste des umliegenden Westparks.

Zeitreise in ein Jahrhundert der Industrie

1902 erbaut der Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahl die Jahrhunderthallte für die Düsseldorfer Industrie- und Gewerbeausstellung. Die Veranstaltung wurde von fünf Millionen Gästen besucht, darunter zahlreiche Kaiser und Kronprinzen. Das Gelände war bei der Konstruktion der Halle eigentlich schon voll bebaut. Für die Hallenkonstruktion stand daher keine zusammenhängende Fläche zur Verfügung. Deshalb musste die Konstruktion über den bestehenden Gebäuden errichtet werden. Durch Hallenträger in Form von gemauerten Ziegelpyramiden wurde das Schaugebäude über das eigentliche Niveau des Geländes angehoben. Die Stahlkonstruktion wurde nach ingenieurtechnischen Überlegungen entworfen und ist das Sinnbild von zweckbestimmter Architektur. Hier und da trug sie aber auch schon damals ein ästhetisches Extra. Im Geiste der Industrie erinnerte die Fassade an die Stahlgusse Jacob Mayers. Dessen erste Erfolgsgusse sind im 19. Jahrhundert Glocken gewesen. Daher orientierte sich die Außenfassade des Schaugebäudes an der Gestalt einer gotischen Kirche und trug einen 70 Meter hohen Glockenturm mit drei Glocken. Das Hauptschiff war inklusive der Seitenschiffe komplett demontierbar. Von dem Verbleib am Ausstellungsort ging man schon bei der Konstruktion nicht aus. Das Hauptschiff war über 60 Meter lang. In die Breite und Höhe ging es 20 Meter. Die Seitenschiffe waren 6,5 Meter breit und fast ebenso hoch. Industrieller Erfolg lebt von Flexibilität. Daher wurde die Jahrhunderthalle nach dem Ausstellungserfolg bis auf den Glockenturm in Bochums Westpark wiederaufgebaut und diente dort als Gaskraftzentrale. 1968 wurde die Zentrale stillgelegt. Die flexible Jahrhunderthalle wurde nach der Stilllegung allerdings nicht abgerissen, sondern wurde zu einer Lagerhalle umfunktioniert. Als die Montanindustrie im Ruhrgebiet langsam auf ein Ende zuging, verlor das Gebäude seinen eigentlich industriellen Zweck. Ein Ende ist immer auch ein Anfang. Nach dem Niedergang der Industrie nahm in der Jahrhunderthalle daher eine neue Sparte ihren Anfang.

jahrhunderthaKulturelle Reise in die Kunst des Wandels

Wandelbarkeit macht industriellen Erfolg aus. Als Sinnbild eines solchen Erfolgs war auch die Jahrhunderthalle von enormer Wandlungsfähigkeit. Genau 100 Jahre nach ihrer Eröffnung revitalisierten Karl-Heinz Petzinka und Partner das Gebäude, indem sie die traditionell schwere Konstruktion um einen leichten Vorbau im Geiste der Gegenwart erweiterten. Diese Sanierung machte die Jahrhunderthalle zu der Sehenswürdigkeit, die sie heute ist. Tradition trifft in der Konstruktion auf Moderne. Bis heute sind im begehbaren Untergeschoss die ehemaligen Hallenträgerfundamente sichtbar. Unter der Halle erkennt man ein ehemaliges Gebäude mit Fensteröffnungen, Brüstung und Fassade. Das moderne Vordach und der gläserne Vorbau brechen mit dem alt traditionellen Charakter und lassen die Jahrhunderthalle eine aufregende Verbindungslinie zwischen Gestern und Heute, Geschichte und Gegenwart spannen. Die Halle spielt virtuos mit Brüchen zwischen moderner Leichtigkeit und traditioneller Schwere. Zweckbestimmte Architektur wechselt sich in dem Bau mit Ästhetik ab. Die Kleinkunstszene wurde nach der Sanierung wegen der außergewöhnlichen Architektur auf die Halle aufmerksam. So entwickelte das Gebäude Stück für Stück ein kulturelles Innenleben, das im wahrsten Sinne des Wortes ein ganzes Jahrhundert in sich trägt. Mittlerweile ist die Jahrhunderthalle das neue, alte Zentrum des Bochumer Westparks. Als Ankerpunkt der Industriekultur wurde das Gebäude zu einem Hauptveranstaltungsorte der Kulturhauptstadt. Von 2005 bis 2012 verlieh man in der Halle den Steiger Award. Seit 2006 findet in dem Gebäude die Verleihung der 1Live Krone statt. 2009 wurde der Europäische Filmpreis in der Jahrhunderthalle verliehen. Eine ebenso beliebte Location ist das Gebäude mittlerweile für kulturelle Veranstaltungen, wie die Ruhrtriennale, Messen oder Konzerte aller Genre. Mit der industriell charmanten Künstlerkantine ist auch für das kulinarische Wohl der Besucher gesorgt. Das Pumpenhaus der Halle dient als erste Anlaufstelle für Besucher und ist neben den kulinarischen Highlights mit einer modernen Info-Lounge ausgestattet. Die Jahrhunderthalle hat sich mit dem Ruhrgebiet gewandelt und damit bewiesen, dass sie die Kunst des Wandels perfekt beherrscht. Heute dient sie nicht nur als Veranstaltungsmittelpunkt, sondern auch als zentraler Ausgangspunkt für sämtliche Entdeckungsreisen durch das Gebiet.

jahrhundertEntdeckungsreise durch die Kontraste des Westparks

Der Bochumer Westpark liegt im Herzen Bochums und ist ein Ausgangspunkt städtebaulicher Entwicklung. Bis heute ist der Park von Wandel und permanenter Umgestaltung geprägt. Der Mittelpunkt der 38 ha großen Fläche ist das Veranstaltungszentrum Jahrhunderthalle. Das Grundgerüst des Parks besteht aus Hinterlassenschaften der ehemaligen Standortindustrie. Vor allem die Mayersche Gußstahlfabrik an der Alleestraße hat den Park geprägt. 160 Jahre lang wurden dort Stahlprodukte hergestellt. Im östlichen Teil des Parks arbeitet man bis heute mit Stahl. Wegen der schwerindustriellen Nutzung und den dazu erforderlichen Massengütertransporten ist der Park bis heute in Niveaus unterschiedlicher Höhenstufen gegliedert. Diese Gliederung verleiht der Fläche eine ebenso spannungsreiche Struktur, wie sie im Inneren der Jahrhunderthalle vorliegt. Als Landmarken sind in unmittelbarer Nähe zur Halle noch immer Highlights, wie der Wasserturm sichtbar. Das sogenannte Colosseum strebt als charakteristisches Stützmauerbauwerk im Zugangsbereich des südlichen Westparks in die Höhe. Die untere Stadtebene des Parks liegt im Bereich des Colosseums und ist auf einer Höhenstufe von rund 72 m ü. NN angesiedelt. Die Jahrhunderthalle liegt in einem Talkessel auf etwa 80 m ü. NN. Die Hochebene auf 90 m ü. NN ist ein künstlich geschaffenes Niveau, das ehemals als Standort für die Hochöfen des Stahlwerks gedient hat. Stützwände, Geländesprünge und Steilböschungen prägen den Westpark. Von der höchsten Ebene genießen Besucher einen atemberaubenden Ausblick auf die Stadtquartiere und die zentrale Jahrhunderthalle. Ein kilometerlanger Rundweg führt zehn Meter tiefer in das Herz der Parkanlage und direkt in die Jahrhunderthalle hinein. Über die Brückenkonstruktionen des Parks geht es an steil abfallenden Böschungen vorbei und durch die kargen Birkenwälder industrieller Natur hindurch. Weiden, Pappeln und Schmetterlingsflieder rahmen die Flächen. Die Wasserlandschaft altes Kühlwerk und die Brücken über die tiefen Schluchten der ehemaligen Zufahrtswege machen den Westpark zu einem kontrastreichen Abenteuer. So wie die Jahrhunderthalle selbst Akzente setzt, so lebt der gesamte Westpark von Akzenten. Das gilt insbesondere bei Nacht. Interaktive Beleuchtung lässt den Wasserturm nahe der Jahrhunderthalle nach Sonnenuntergang tiefblau erstrahlen. Das Kühlwasserbecken leuchtet in gelblichem Orange und akzentuiert die natürlichen Strukturen des Geländes. Direkt an der Jahrhunderthalle erleuchten bei Nacht auch die Rohrleitungen die Finsternis mit magischen Farbakzenten.

Eine Erlebnisreise durch Kultur, Industrie, Kunst und Geschichte

Der Besuch der Jahrhunderthalle und des umliegenden Westparks ist eine Erlebnisreise für alle Kulturliebhaber, Industrieinteressierte, Lichtkünstler und Geschichtsentdecker. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder fühlen sich im Abenteuer Westpark pudelwohl. Der Kinderspielbereich „Stahlwerksdrache“ ist für die Kleinen ein besonderes Highlight. Die Spiellandschaft in Form eines Drachen trägt einen stählernen Kopf, der bis in den Zugangsbereich des Parks reicht und dort den zentralen Punkt der Westpark-Wegebeziehungen markiert. Die Reise durch die Ruhrkultur kann die ganze Familie entweder in den ansässigen Restaurants ausklingen lassen oder durch einen Restaurantbesuch in der nahen Innenstadt abrunden. Zentrale Unterkünfte, wie das ibis oder das Mercure Hotel liegen in einer fußläufigen Entfernung von unter drei Kilometern und sind für die Entdeckungsreise durch den Westpark ein idealer Ausgangspunkt.

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